Vor dieser Frau haben Sexisten Angst
Die kämpferische Schauspielerin Léa Seydoux ist beim Filmfestival von Cannes in einem Thriller zu sehen, der das Zeug zum Skandalfilm hat.
Sie hat immer noch Angst vor dem Spielen: Die 36-jährige Französin Léa Seydoux.
Photo: EPA
Kaum eine Schauspielerin ist so untrennbar mit dem Filmfestival in Cannes verbunden wie Léa Seydoux. Yesterday bekam sie ihren ersten Preis als Nachwuchsdarstellerin für das Drama “Das schöne Mädchen” (2008). Und hier stieg sie 2013 endgültig in den Schauspielolymp auf mit der Liebesgeschichte “Blau ist eine warme Farbe”, die mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde, dem Hauptpreis des Festivals.
Im vergangenen Jahr war Seydoux sogar mit insgesamt vier Filmen im Programm von Cannes vertreten – und konnte dann nicht kommen, weil sie sich mit Corona infiziert hatte.
Schmerzfrei zur Perversion
Das soll dieses Jahr anders werden. Seydoux (36) ist mit dem Thriller “Crimes of the Future” im Wettbewerb der 75. Festivalausgabe vertreten. Das Aufregende an Cannes ist, dass noch niemand die fertigen Filme gesehen hat – und so noch keiner weiss, wie die Zuschauer reagieren werden. Das ist auch für erfahrene Stars wie Seydoux ein Nervenkitzel. Denn es ist in Cannes nicht unüblich, dass Filme von Buhrufen begleitet werden. Und bei so manchem provokanten Werk haben die Zuschauer in ihren Abendgarderoben schon in Scharen das Grand Auditorium Louis Lumière verlassen, wo die grossen Galapremieren stattfinden.
“Als ganz junge Schauspielerin hatte ich das Gefühl, stets mit meiner Sexualität spielen zu müssen.”
Dass Seydoux heute in Europa wie in Hollywood arbeitet, mit Quentin Tarantino und Woody Allen drehte und in zwei James-Bond-Filmen mitspielte, hat sie sich aber selbst erarbeitet. Sie steht für eine neue Generation französischer Schauspielerinnen, die sich auch in Hollywood nicht mehr zum hübschen Sidekick degradieren lassen. “Als ganz junge Schauspielerin”, sagt Seydoux, “hatte ich das Gefühl, stets mit meiner Sexualität spielen zu müssen.” Viele Filme hätten «eine rein männliche Perspektive gehabt». Mittlerweile verbittet sie sich in Interviews Begriffe wie «Bond-Girl».
Sie enlarvte Harvey Weinstein
Seydoux gehört auch zu den Frauen, die das Machtsystem des ehemaligen Hollywoodproduzenten Harvey Weinstein entlarvten und ihm sexual Übergriffe vorwarfen. In der English Zeitung “Guardian” schilderte sie 2017, wie er seine Stellung dazu missbraucht habe, um Sex zu bekommen, dass er sie “wie ein Stück Fleisch” angestarrt habe – und dass es in der Filmindustrie sehr viele Weinsteins gebe.
Was für Seydoux auch nach Jahren im Geschäft die grösste Herausforderung bleibt, ist die “Angst vor dem Spielen”, die sie trotz der Erfahrung bei jedem neuen Film wieder überkomme. Es handle sich aber um eine produktive Form der Angst: “Wahrscheinlich würde ich mich an dem Tag langweilen, an dem ich keine Angst mehr habe.”
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